Vorstellung einer alten 48-Kanal Lichtsteuerung
Hier stelle ich, als Fortsetzung von diesem Thread: Vorstellung einer alten Lichtsteuerung
das Nachfolgeprojekt vor. Der Bogen zur LED-Technik wird später gespannt, in einem neuen Thread.
Das hier gezeigte Projekt stammt ungefähr aus dem Jahr 1992.
Es ging darum, die Front eines Schaustellerbetriebs mit einer 48-Kanal Lichtsteuerung zu versehen.
Hier flossen meine Erfahrungen aus dem oben verlinkten Thread ein.
Bei diesem wurmte mich die primitive, unübersichtliche Programmierung und die Notwendigkeit mehrere EPROMS einzusetzen.
Nach selbigem Schema realisiert, hätte ich hier immerhin 6 EPROMs benötigt, die mit verschieden Inhalten, die zueinander vollkommen synchron sind, im Hexeditor hätten gefüllt werden müssen …
Die neue Schaltung war raffinierter. Sie kam mit einer eigenen Firmware daher, die in einem eigenen EPROM plus ein paar GALs steckte und die Geschehnisse auf der Steuerkarte managte.
Das eigentliche Lichtprogramm steckte in einem einzigen EPROM, dessen Daten durch die Firmware in einer speziellen Weise ausgelesen und auf die Ausgangstreiber verteilt wurden.
Und zwar so, dass die Daten im Hexeditor spaltenweise organisiert untereinander standen. Das war bereits ein riesiger Fortschritt!
Weiterhin wurde zu jedem Bitmuster ein 8-Bit Zeitwert gespeichert, mit der Auflösung 0,01s.
Damit nicht genug: Das Programm konnte die Firmware veranlassen, markierte Bereiche im Ablauf in einer Schleife zu wiederholen, mit beliebig vielen Durchläufen, wobei es sogar möglich war, jedem Durchlauf einen anderen Zeitwert zuzuweisen.
Das ist sinnvoll für Effekte, die langsam anlaufen, immer schneller und schneller werden und schließlich wieder verlangsamen.
Die Firmware nannte ich „STOS“, was für „Stefans Operating System“ stand und als Witz gedacht war, in Anlehnung an „TOS“, dem ATARI-Betriebssystem, von dem man munkelte, es stünde für „Tramiels Operating System“ womit sich der gute Herr Tramiel angeblich selbst ein Denkmal setzen wollte.
Die Steuerung bekam daher von mir, etwas augenzwinkernd, den Namen „STOSomatic1“ verpasst.
Den auf dem ATARI gezeichneten Schaltplan habe ich leider nicht mehr, aber den versteht ohnehin kein Mensch …
Selbst ich, der sich den Kram ausgeheckt hat, habe Haare raufend manche Nacht darüber verbracht, weil es so irrsinnig kompliziert war.
Die GALS, mit ihren nur 8 Ausgängen (wo ich oft 9 benötigt hätte, für ein Carry-Flag), zwangen mich nämlich zu regelrecht aberwitzigen schaltungstechnischen Klimmzügen.
Die ersten drei Bilder geben einen Eindruck von dem Prototypen der Steuerplatine:
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Wie man sieht, hatte der Prototyp noch vier Macken, die mit Drähten gefixt wurden.
Etwa zwei oder drei Jahre später wurmte mich die verworrene Komplexität der Schaltung und der extreme Bestückungsaufwand. Immerhin hatte die Platine, inklusive der durchgelöteten Vias, knapp 800 Lötstellen …
Daher entwickelte ich 1995 noch einen funktionell nur leicht abgespeckten Nachfolger (die Schleifenfunktion entfiel), der ohne Firmware-EPROM und Firmware-GALs auskam und erheblich leichter auf Kundenbedürfnisse zuzuschneiden war.
Die nächsten fünf Bilder zeigen den Schaltplan und die Platine der Nachfolgeversion der STOSomatic1: Die STOSomatic3 (die Version 2 hat es nie gegeben):
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Diese Steuerung war praktisch perfekt!
Einfach im Aufbau, leicht zu programmieren, mit reichlich Testpins versehen, sowie einem Lochfeld für Erweiterungen.
Dieses gute Stück kam in mehreren Projekten zum Einsatz und hat sich über Jahre bestens bewährt.
Das grundlegende Projekt war aber die Go-Kart Rennbahn.
Für diese brauchte ich noch einen Lastteil, um die rund 10 Meter lange Front anzusteuern.
Einspeisung: Drehstrom, 3x25A.
Das folgende Bild zeigt das Layout der Lastplatine:
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Diese Platine hatte die Abmessungen 30x40cm und begnügte sich mit nur einer Kupferlage und wenigen Drahtbrücken.
Zuhause mühsam selbst geätzt und gebohrt, was echt schwierig war, weil das Riesenteil nicht unter meinen Bohrständer passte, ich also teilweise freihändig bohren musste.
Zwecks Servicefreundlichkeit war sie unten auf zwei Scharnieren montiert und oben mit zwei verliersicheren Schrauben gehalten.
Löste man diese beiden Schrauben, so konnte man die große Platine, die senkrecht in einem Schaltschrank montiert war, herausklappen, so dass sie waagerecht herausragte und von zwei Bändern gehalten wurde.
Das war theoretisch eine sehr gute Idee, für den Fall dass man mal Bauteile auslöten musste.
In der Praxis war diese Servicefreundlichkeit aber nicht ausreichend. Dazu gleich mehr.
Jedenfalls gab es oben eine 64-polige Buchsenleiste, in welche die kleine Steuerplatine eingesteckt werden konnte.
Geführt und gehalten wurde sie dabei von einem Profilgehäuse, das stehend auf die große Leiterplatte (dem „Bigboard“) montiert war. Dieses sollte zudem eine gewisse Abschirmung bewirken.
Das folgende Bild zeigt den geöffneten Schaltschrank:
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Leider habe ich die Originalbilder nicht mehr, aus der Zeit, wo ich das alles baute.
Das obige Bild ist von 2008, nachdem das Gerät also schon gute 15 Jahre auf dem Buckel hatte und auch mal einen Wasserschaden erlitt, der pfuschtechnisch geflickschustert wurde. Diese ganzen fliegenden Drähte stammen nämlich nicht ursprünglich von mir.
Die Go-Kart-Rennbahn existiert leider nicht mehr, aber der Betreiber setzt das Gerät bis heute an einem anderen Karussell ein.
Hier noch ein Bild von dem Schaltschrank, auf dem Dach des Kassenwagens:
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Noch zur Funktion der großen „Bigboard“-Platine:
Aus dem einer Drehstromphase wird ein netzsynchrones Signal gewonnen, das auf den Nulldurchgang eingerastet ist. Daraus werden drei um 120 Grad phasenverschobene 100Hz-Signale generiert, die der STOSomatic zugeführt werden.
Diese steuert die SSRs auf dem „Bigboard“ dann zum jeweils korrekten Zeitpunkt, im Nulldurchgang der jeweiligen Phase an.
Hinter den 48 SSRs sitzt je eine Feinsicherung, weil mir bis dahin noch immer nicht zu Ohren gekommen war, dass das nicht gut ist …
Genau genommen wollte ich persönlich durchaus gerne Sicherungsautomaten einsetzen, aber die haben damals noch richtig Kohle gekostet (gute 40,- DM pro Stück) und hätten einen größeren Schaltschrank erfordert.
Das hätte insgesamt den Preis derart in die Höhe getrieben, dass der Auftraggeber nicht mitspielen wollte, so dass ich genötigt war, billige Feinsicherungen einzusetzen.
Der Nachteil ist halt der, dass die alle Nase lang gewechselt werden mussten, denn bei etlichen Hundert Lampen ist es an der Tagesordnung, dass es mal kurz kracht und ’ne Sicherung fliegt.
Irgendwann hat der Auftraggeber dann sogar meinen Berührschutz entfernt, den ich über den Sicherungen angebracht hatte: Auf jeder Seite gab es einen verschiebbaren Plexiglasstreifen, welcher die Sicherungen abdeckte. Der aber halt jedes Mal verschoben werden musste, wenn man eine Sicherung wechseln wollte.
Das letzte Bild zeigt ein Foto der damit angesteuerten Front des Karussells:
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Und hier gibt es zwei Videos:
Einmal von der alten Go-Kart-Rennbahn.
Und einmal vom Karussell.
Warum das Prinzip mit der herausklappbaren, auf Scharnieren montierten Großplatine doch nicht so gut war?
- Nun, bei der Go-Kart Rennbahn war der Schaltschrank in knapp vier Metern Höhe angebracht und nur auf einer Leiter stehend erreichbar.
Als ich nach dem Wasserschaden das Ding wieder in Gang setzen sollte, musste ich im Winter, draußen frierend auf der Leiter stehend, eine ganze Nacht durcharbeiten, um dem Pfusch zu beseitigen.
Wie das Wasser überhaupt in den IP65-Schaltschrank geraten konnte, war ein Rätsel, kam auch nie wieder vor. Jedenfalls konnte ich nicht einfach beide Platinen austauschen (nur die kleine, die war ja gesteckt), sondern musste an der großen Platine so halbwegs alles austauschen.
Daraus habe ich gelernt:
- Selbst der unrealistischste Fall WIRD eintreten!
- Ein jedes Modul muss steckbar sein, JEDER Fehler muss innerhalb von etwa zwei Minuten behebbar sein!
In den nächsten Tagen stelle ich ein etwas zeitgemäßeres Projekt vor und anschließend geht es (endlich) um die Entwicklung einer ganz neuen, modularen Universalsteuerung, bei der ich ganz stark die LED-Technik im Visier habe und die ich gerne mit Euch teilen möchte.
Dabei werde ich auf die alten Projekte zu sprechen kommen, weswegen ich diese alten Sachen überhupt vorstelle.