Trafo selberwickeln-Frage

  • Hallo Gemeinde


    Ich habe einen defekten Ringkerntrafo bei mir rumzuliegen, und da ich einen Trenntrafo suche dachte ich mir, ich werd mir daraus einen bauen. Ich weiß wie man die Spannungen und die Windungszahlen berechnet, jedoch weiß ich nicht, wieviel Leistung der Kern übertragen kann. Es war mal ein HBL-Trafo von Pollin, so in der Größenordnung von 50-80VA, eigt sollte der mal die Spannung auf 12V runtertransformieren.


    Meine Frage wäre, ob ich mit höheren Leistungen arbeiten kann ohne den Kern zu sättigen, da ich ja mit geringeren Strömen (und daher geringerer Magnetfeldstärke auf der Sekundärspule) arbeite? Die genauen Maße des Kerns habe ich leider gerade nicht vorliegen, Durchmesser mal Höhe bewegen sich bei ca. 100x40mm (von mir geschätzt, wird etwas geringer ausfallen, kann aber gerade nicht nachmessen.)
    Wieviele Windungen wären ungefähr sinnvoll?
    Und ja, ich möchte selberwickeln, Ich hab genug Material dafür hier herumzufliegen. Den Arbeitsaufwand nehm ich in Kauf.


    Wäre nett wenn mir jmd etwas darüber sagen könnte, Google spuckt jede Menge Foreneinträge aus dir mir aber nicht so weitergeholfen haben wie ich das suche...

    Das Erfolgskonzept von Windows ist eine gelungene Mischung aus Marketing, Korruption, Kartellmißbrauch und der erfolgreichen Spekulation auf das Naturgesetz, daß Scheiße oben schwimmt.


    Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden,
    kann man Schönes bauen.
    Johann Wolfgang von Goethe

  • ob ich mit höheren Leistungen arbeiten kann ohne den Kern zu sättigen


    Die Flussdichte im Kern hängt nur von der Frequenz, der Primärwindungszahl und dem Kernquerschnitt ab, aber nicht von der Leistung (bei Belastung des Trafos nimmt die Flussdichte sogar geringfügig ab). Die übertragbare Leistung ist nur durch die Draht- und Kernverluste begrenzt. Man geht also folgendermaßen vor: Man bestimmt anhand der Magnetisierungskennlinien des Kernmaterials die Betriebsflussdichte und berechnet damit Primär- und Sekundärwindungszahl. Nun ermittelt man mit dem nutzbaren Wickelraum die größtmöglichen Drahtquerschnitte, fertig.

  • Danke Transistor, das hilft mir doch schonmal ungemein weiter.:)


    Noch eine Frage zum Wickeln: Kann ich die Spulen mehrlagig wickeln, also mehrere Runden um den Kern, oder muß jede Spule in einer Ebene liegen?

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  • Kann ich die Spulen mehrlagig wickeln, also mehrere Runden um den Kern, oder muß jede Spule in einer Ebene liegen?

    Beachte die Spannungsfestigkeit der Lackisolierung der Drähte. Wenn du zwei mal komplett um den Ring drumwickelst hast du zwischen der ersten und zweiten Lage in der Primärwicklung 230 V / 2 = 115 V Potentialdifferenz zwischen den beiden Lagen. Das hält der Lack vermutlich nicht aus.


    Entsprechendes gillt auch für die Durchschlagsfestigkeit zwischen Primär- und Sekundärseite.


    Wenn das ein Trenntrafo zum Basteln werden soll hängt u.U. dein Leben von der korrekten galvanischen Trennung des Trafos ab. Da würd ich das nicht selbst bauen, wenn ich nicht wirklich verstehe was wie zu tun ist.


    Natürlich hängt die übertragbare Leistung von der Größe des Kerns ab. Aber Maxwell ist schon zu lange her... ;)

  • So...das Thema ist mal wieder aktuell, allerdings bin ich auch nach einem Nachmittag nicht wirklich weiter.


    Erstmal die Daten des Kerns:
    A-Durchmesser: 84mm
    I-Durchmesser: 42mm
    Kernquerschnitt 27*20mm


    Die Durchflutung kann ich errechnen, das ist aber auch das einzige.
    Keine Idee, wie ich z.B. auf die Permitivität komme. Insbesondere diese Aussage von Transistor:

    Zitat

    Die Flussdichte im Kern hängt nur von der Frequenz, der
    Primärwindungszahl und dem Kernquerschnitt ab, aber nicht von der
    Leistung (bei Belastung des Trafos nimmt die Flussdichte sogar geringfügig ab). Die übertragbare Leistung ist nur durch die Draht- und Kernverluste begrenzt.

    würde ich gerne auch mathematisch nachvollziehen können, dann wäre eigt alles da, was ich wissen müsste. Ich habe leider keine Magnetisierungskennlinie, an die ich mich halten könnte. Das Einzige, was ich noch hab, wäre die Länge der Sekundärwicklung. Dieser Draht ist ca. 9m lang, was einer Windungsanzahl von ca 92 Windungen entspricht (den Querschnitt etwas großzügiger gewählt beim Rechnen, um den Platzbedarf der Primärwicklung nebst Isolierung mit zu berücksichtigen). D.h., die Primärwicklung müsste 1763 Windungen haben, wenn ich Verluste vernachlässige.

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  • Mal ganz einfach beschrieben:


    Der Trafo wird durch die Spannungs-Zeit-Fläche gesättigt. Bei Rechteckspannung ist das U*T/4, das ist der Fluss. Nun teilt man das durch die Kernfläche (in m²) und hat die Flussdichte. Die sollte bei Ferritmaterialien nicht über 100 mT liegen, da macht man nichts falsch. Setzt man das gleich hat man die maximale Windungsspannung errechnet ;) .


    Bei deinem extrem dicken Kern kommst Du bei 50 kHz auf rund 10V pro Windung!


    Gruß
    Thomas

  • die Flussdichte. Die sollte bei Ferritmaterialien nicht über 100 mT liegen, da macht man nichts falsch.

    Doch, macht man. Man nützt den Kern nicht sinnvoll aus. Bei Leistungsanwendungen mit großer Stromwelligkeit (Flussdichteänderung) kann man mit den üblichen MnZn-Ferriten durchaus mit 200mT arbeiten, bei geringer Stromwelligkeit (Speicherdrossel) auch bis etwa 300mT.

    Bei deinem extrem dicken Kern kommst Du bei 50 kHz auf rund 10V pro Windung!

    So wie ich den ersten Absatz im ersten Post lese, geht es hier um einen 50Hz-Trenntrafo.

  • Okay, das jemand auf die Idee kommt einen 50Hz-Trafo zu wickeln habe ich schlichtweg ausgeschlossen da dies aufgrund der nötigen Windungszahl scheitern wird (bei dieser Trafogröße und 230V).


    Ich lege die Trafos meist auf 100mT aus (es sei denn es muss shr kompakt werden), es gibt bei Schaltnetzteilen keinen Grund so nahe an die Sättigung zu gehen (bei den kleinen Drahtlängen spielen Kupferverluste keine Rolle, da dominieren die Verluste in den Halbleitern und den Kern). Wenn die Sache erst einmal auf 80°C kommt geht das sonst auch schnell in die Hose.

  • Okay, das jemand auf die Idee kommt einen 50Hz-Trafo zu wickeln habe ich schlichtweg ausgeschlossen da dies aufgrund der nötigen Windungszahl scheitern wird (bei dieser Trafogröße und 230V).


    Da scheitert gar nix. Ich habe in meiner Sturm- und Drangzeit jede Menge Netztrafos selbstgewickelt, von 6 bis 800 Volt Sekundärspannung. Von Block gab es dazu extra Trafobausätze, sogar mit Schnittbandkernen. Die Lagenisolationsfolie habe ich mir erbettelt.

  • Wenn man den Wickeldraht von der Rolle auf eine Spindel umwickelt, die durch die Öffnung des Ringkerns passt, dann lassen sich auch Ringkerne ohne Wickelmaschine von Hand gut bewickeln.


    Die Flußdichte bei Netztrafos kann man wesentlich höher wählen als bei Ferritkernen. Selbst billigstes Kernmaterial ("Dosenblech") schafft locker 1 Tesla, hochwertige Schnittband- und Ringkerne kann man mit 1,7 Tesla fahren.

  • Ach so, Du verwechselt die Auslegung von Trafo und Induktivität!

    Ich verwechsle da gar nichts. Mir scheint es aber, dass du keine rechte Ahnung von diesen DIngen hast. Schau dir mal das Datenblatt eines üblichen Ferrits an: http://www.kaschke.de/fileadmi…ien/MnZn-Ferrit/K2008.pdf. Bis 400mT gut aussteuerbar (was beim harten Einschalten eines Trafos mit einer Dimensionierung auf 200mT gebraucht wird).

    Bei einer Induktivität macht das recht wenig wenn es mal etwas sättigt (Stromripple steigt stark an), beim Trafo ist dies fatal.

    So ein Unsinn, das ist immer fatal. Ich hab Schaltnetzteile für 50A-Xenonbogenlampen gebaut. Was glaubst du passiert da, wenn die Speicherdrossel sättigt? Genau, die Lampe zieht wegen ihres negativen differentiellen Innenwiderstands nahezu beliebig viel Strom und explodiert zusammen mit der Schaltung!

  • Wenn ich von einen unbekannten Kern ausgehe würde ich bei Ferriten nicht von so hohen Werten ausgehen.


    Und nun der Unterschied Speicherdrossel und Transformator (ausgenommen Sonderfall Trafo für Sperrwandler der beides kombiniert):


    Ein Transformator sollte möglichst keine Energie speichern sondern ausschließlich das Feld führen. Die Aufgabe erfüllt er nur bis zur Sättigung, darüber hinaus kann er das Feld nicht mehr führen und es wird zudem Energie im Transformator (im Streufeld) gespeichert. Da u in der Größe mehrere tausend tritt die Sättigung schlagartig ein. Zudem fährt der Kern selbst im Leerlauf zweimal pro Periode in Sättigung und wird jedesmal umgepolt. Maximale belastung selbst im Leerlauf, also hoher Ruhestrom bei knapper Auslegung.


    Eine Drossel sättigt zum einem langsamer da Luftspalt (in welcher Form auch immer) vorhanden ist und zum anderen dient eine solche Drossel in step-up/down der Energiespeicherung. Und diese Aufgabe erfüllt auch eine gesättigte Drossel noch, auch wenn die Stromspitzen steigen. In realität bei halbwegs vernünftiger Schaltung wird sowieso bei erreichen eines maximalstromes dichtgemacht so dass nichts passiert. Da die Sättigung Lastabhänig ist spielt diese für den Ruhestrom keine Rolle.

  • Vielen Dank erstmal für eure Hilfe bisher...ich schätze mal ich habe jetzt eine ungefähre Vorstellung, wie ich die Sache angehen muss.
    Werde aber erst am Wochenende dazu kommen mich auch mal ein Ergebnis zu produzieren.:)


    Zitat

    Okay, das jemand auf die Idee kommt einen 50Hz-Trafo zu wickeln habe ich
    schlichtweg ausgeschlossen da dies aufgrund der nötigen Windungszahl
    scheitern wird (bei dieser Trafogröße und 230V).

    Nun...ich habe diesen Kern eigenhändig abgewickelt. Ich hab eine ziemlich gute Vorstellung davon, was da auf mich zukommt. Jaaa, das wird viel Arbeit...aber ich hab jeden Tag ca. 2 Stunden Zeit zum Wickeln, wenn ich in der S-Bahn sitze.;)



    Noch was zum wickeln selber: weiß jemand, was ich am Besten zur Lagenisolierung nehmen kann? Das Originalmaterial erinnert stark an etwas dickeres Tesa-Band, ich hab aber keine Ahnung wo ich sowas herbekomme. Geht normales Iso-Band auch oder wird das dann zu dick?

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  • Noch was zum wickeln selber: weiß jemand, was ich am Besten zur Lagenisolierung nehmen kann?


    Wie geschrieben: Ich habe mir meine Lagenisolationsfolie erbettelt. Ich habe Trafofirmen angeschrieben und gefragt, ob sie mir was abtreten könnten. Hat geklappt. Wenn das Ding 'n Trenntrafo werden soll, ist es noch eine ganz gute Idee, eine Schirmwicklung zwischen Primär- und Sekundärwicklung zu wickeln. Das ist eine einlagige Wicklung, so 0,3er Draht, die dann einseitig an den Schutzleiter angeschlossen wird.

  • Hm...Kaptonband kriegt man zwar-aber die Originalisolierung besteht definitiv aus was anderem.
    Macht nix...



    Ich habe die ungefähren Kerndaten jetzt mal über die Sekundärspule zurückgerechnet. Die Spitzenflussdichte liegt bei ca. 1-1,1 Tesla. Vielen Dank insbesondere für den Tip mit der Transformatorenhauptgleicheung. :thumbup:


    Bin mir mit meinen Ergebnissen aber nicht sicher. Ich habe über die Flussdichte den magnetischen Fluss bestimmt und 588µWb rausbekommen.
    Daraus resultierend einen magnetischen Widerstand von 782 kA/Wb.


    Wenn ich dann über den Fluss die relaitve Permeabilität ausrechne komme ich gerademal auf den Faktor 108...da kann doch was nicht stimmen? Eisen fängt doch gerademal bei 300 an. 8o
    Wüsste allerdings nicht wo der Fehler in meiner Rechnung liegt...

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