LED-Revolution (fast) abgeschlossen.

  • Die Älteren, und vor allem die langjährigen Nutzer hier erinnern sich gewiss noch gut an die Anfänge der "LED-Revolution", welche mit viel Selbstbaupotential eben auch Foren und Shops wie diesen hier hervorbrachten.

    Vor den Augen der unbedarften Nutzer ("Hauptsache es leuchtet") hat sich in den vergangen 15-25 Jahren (mit dem Startschuss von Nichias Erfindung des blau leuchtenden LED-Chips 1996) eine nahezu vollkommene Revolution im Beleuchtungssektor vollzogen, die man heute (2022) als fast abgeschlossen betrachten kann.

    Während im Großbeleuchtungsbereich (Hallen, Straßen, Stadien...) die Glühlampe nie so eine große Rolle spielte wie in den Bereichen darunter (Kleinlampen, Fahrzeug, Haus), ist sie heute nämlich so gut wie komplett verschwunden.

    So gut wie, fast? Ja, ein sicheres Refugium hat sie sich dank träger Behörden und Legislative bis heute erhalten: den KFZ-Bereich. Man kann auch im Jahre 2022 in Erstweltmärkten wie USA, Japan und Europa immernoch Autos und Motorräder mit Glühlampenscheinwerfern neu bestellen. Und das sogar nach dem Tod ihrer Nachfolgetechnologie Xenon. (Erinnert ein bißchen an die Produktionsüberschneidung von VW-Käfer und New Beetle, die Käfer ermöglicht, die neuer als New Beetles sind!)

    Und nicht nur in den Hauptscheinwerfern, auch in Signal- und Innenraumleuchten wird in vielen Neufahrzeugen immernoch reichlich "Obst" verbaut.


    Bei den Kleinleuchten wie Armaturenbeleuchtung (daheim, Gewerbe und KFZ) ist die Glühlampe hingegen genauso tot wie bei Fahrradbeleuchtung oder Taschenlampen.

    Im Hausgebrauch hat wohl ein sehr großer schwedischer Möbelhersteller mit erstmaliger Umstellung auf nur noch LED den großen Anstoß dazu gegeben, dass wir heute im Handel neben ein paar Halogenlampen (G9, MR16...) nur noch LED bekommen. Zur leichteren Umgewöhnung für die Traditionalisten inzwischen in perfekter Imitation der Standardglühlampe. Keine seltsamen Lichtfarben, Flimmern, weiße untere Gehäusehälften oder gar Kühlrippen (wie um 2010) verraten hier noch, dass einer neuen Technologie ein alter Formfaktor aufgezwungen wurde.

    Was mich hierbei am meisten überrascht, ist das Überleben der alten Edison-Schraubsockel (E14, E27) aber auch der jüngeren Sockel der Halogentypen G9, GU10 und MR16. Also genau das, wo sich die Gesetzgebung beim KFZ-Sektor immernoch stark sträubt und mit den für wenige Fahrzeuge zulassungsfähigen H4 und H7-Lampen nur einen zögerlichen Aufbruch zulässt. Voll funktionstüchtige Retrofits, die alle gesetzlichen Anforderungen an Abstrahlwinkel und Lichtleistung inzwischen technisch locker erfüllen könnten, sind für die Signalbeleuchtung (BA15, BA15d...) immer noch nicht in Sicht.

    Schaun wir mal, wie lange das noch anhält. 10 Jahre halte ich hier noch für möglich. Zumindest für alles außer Hauptscheinwerfer.


    Interessant auch der Rebound-Effekt. Die Energiesparvorteile der LED werden durch eine erhebliche Ausweitung von künstlicher Beleuchtung wieder aufgehoben. Egal ob die immer häufigeren "Weihnachtshäuser" mit tatsächlich Millionen einzelner Leuchtkörper, leuchtende Hundehalsbänder oder die gnadenlose Ausweitung der KFZ-Beleuchtung*. Heute wird viel mehr ge- und beleuchtet als noch vor 20 Jahren.

    *(Ambientelicht, Emblemprojektoren in den Türen... Und als Branchenkenner kann ich Euch zumindest schon so viel verraten: Da kommt noch mal 'ne Ecke mehr!).


    Komplett neue Lichttechnologien sind hingegen nicht in Sicht. Die Laser-Scheinwerfer sind artverwandt mit LED, die Infrarot-Glühlampe hat es gar nicht in die Serie geschafft. LEDs sind inzwischen so leistungsfähig, dass man sich auch an Großanwendungen traut (Hallen, Stadien, Film, Bühnen).

  • Das "Fast" möchte ich als Elektroniker so unterschreiben. Es gibt aber auch ein paar Anwendungsgebiete, in denen die LED schlicht nicht einsetzbar ist. Backöfen zum Beispiel aufgrund der Temperatur, oder Räume, in denen elektromagnetische Störsignale unerwünscht sind (die man aufgrund der billig-Netzteile meist zuhauf hat). In U-Bahnen gibt es auch regelmäßig Probleme mit den T8-Retrofit. Die Störlichtbögen der Bahnen belasten die Elektronik und es kommt immer mal wieder zum Flackern der Beleuchtung. In der Industrie gibt es diese Probleme auch. Wenn ein großer Frequenzumrichter anspringt, fängt die Disko an. Es gibt hier im Süden noch heute große Unternehmen, die bewusst auf die klassische T5 bzw. T8 setzen.


    In der Tierhaltung ist auch noch ein Schlupfloch für altbewährte Lichttechnik. HID Beleuchtung stellen ein sehr schönes Lichtspektrum, das von Infrarot bis Ultraviolett nahezu alles abdeckt was Terrarientiere eben so benötigen. Entsprechende LED-Lösungen gibt es nicht serienreif und sind, wenn es sie denn mal als Kleinserie gibt, extrem teuer oder haben einen extremen Blaupeak. Gleiches gilt für Wärmequellen in Form von Infrarotlampen.

    UV-C LED Lösungen zur Wasserdesinfektion sind in serienreifem Stadium auch Mangelware bis unbezahlbar.


    Das im Konsumentenbereich die altbewährten Fassungen übernommen wurden, wundert mich wenig. Schließlich würden andernfalls sehr viele vor Problemen stehen und zurecht Anstoß daran nehmen. Gleichfalls finde ich es aber auch schade, dass man sich zum Beispiel bei Beleuchtungen für Parkplätze, Hallen etc. lieber für fest verbaute Elemente entschied, als auf einen gemeinsamen Standard bei dem Module getauscht werden können im Sinne der Reparierfreundlichkeit. Vorschaltgeräte, die in einen E14 Sockel oder eine GU10 verbaut sind, sind nun auch nicht gerade technisch der große Wurf. Wärmestau, EMV Probleme (Wenn die Gemeinde am Sportplatz die LED-Fluter anschaltet, hat das Vereinsheim und die beiden naheliegenden Wohnhäuser kein WLAN mehr ;) ) und oft geringe Lebensdauer. Meine letzten verbliebenen, sieben GU10 Halogen von Paulman habe ich 2014 gekauft. Davon ist seither eine kaputt gegangen. Im gleichen Zeitraum sind mir 15 LED Retrofit verstorben, die deutlich weniger Betriebszeit hatten.


    Das Zögern bei KFZ ist im Grunde ja schon diskutiert worden. Die alte Technologie gibt ihren Lichtstrom nahezu gleichmäßig auf 360° ab, die Scheinwerfer sind entsprechend konzipiert. Bei LED ist das eben anders und da wird auch zurecht lange hinterfragt. Schließlich wird der Gegenüber geblendet und nicht der, der sich die Teile im eigenen Auto verbaut. Es gibt ja schon länger Retrofits für H4 und H7, ich habe die auch schon gesehen. Die Ergebnisse waren zwischen bescheiden und für den Gegenverkehr gefährlich. Zumindest im Bereich Abblendlicht / Fernlicht. Warum man bei Blinker, Brems- und Standlicht nicht anders verfährt, sei dahin gestellt.


    Was die EU, und die anderen Industrienationen, in meinen Augen aber vollkommen verpennt haben ist, die Hersteller entsprechend in die Verantwortung zu nehmen. Dazu gehört nicht nur eine deutlich längere Gewährleistung (nicht verwechseln mit Garantie!), sowie einer regelmäßigen Anpassung an die Mindestanforderungen einer Baugruppe. Auf uns rollt eine riesige Lawine Elektroschrott zu, die noch keiner so recht kommen sehen will, und mit Recycling wird es bei Platinen deutlich schwieriger als bei den alten Lampentechnologien. Im Baumarkt finden sich nach wie vor Leuchtmittel die 70-85 Lumen pro Watt liefern, nicht selten mit minderwertigen Netzteilen, die einen höheren Blindstromanteil als Wirkstromanteil haben und in der Masse das Netz unnötig belasten. Zusätzlich zu Störsignalen durch die Netzteile kommt dann oft die teils sehr kurze Lebensdauer. Lobbyismus ist eben nicht immer für alle positiv...

  • Es gibt hier im Süden noch heute große Unternehmen, die bewusst auf die klassische T5 bzw. T8 setzen.

    Damit ist aber auch bald Schluß. Für T8-Lampen für Standardbeleuchtung in den Längen 60, 120 und 150 cm im September 2023 und wenn EU-Rat und -Parlament die die im vergangenen Dezember gefallene Vorentscheidung der EU-Kommission über die ROHS-Richtlinie annehmen, dann für T5-Lampen schon Mitte 2023.


    Zitat

    Im Baumarkt finden sich nach wie vor Leuchtmittel die 70-85 Lumen pro Watt liefern...

    Die sind seit September 2021 in der tiefroten Effizienzklasse "G" eingeordnet. Auch wer mit "Gesamt-Netzspannungslichtausbeute in Lumen/Watt" nix anfangen kann, sollte davon abgeschreckt werden.

  • Zusatz zu @Cossarts Beitrag:

    Zusätzlich zu Störsignalen durch die Netzteile kommt dann oft die teils sehr kurze Lebensdauer.

    Beides lässt sich vermeiden, wenn man weder Chinaschrott noch Billigware vom Discounter oder Noname-Herstellern kauft.

    Weder bei mir noch im Bekanntenkreis ist jemals ein LED-Retrofit-Leuchtmittel ausgefallen. Die funktionieren alle noch.

  • Zusatz zu @Cossarts Beitrag:

    Beides lässt sich vermeiden, wenn man weder Chinaschrott noch Billigware vom Discounter oder Noname-Herstellern kauft.

    Weder bei mir noch im Bekanntenkreis ist jemals ein LED-Retrofit-Leuchtmittel ausgefallen. Die funktionieren alle noch.

    Kann ich bestätigen. Mir ist ein Osram Leuchtmittel bei der Erstinbetriebnahme gestorben, das stank vor sich hin. Rund 10 Jahre alte GU10 von Aldi habe ich ausrangiert, obwohl sie noch gingen. Die hatten aber nur 3 oder 4 Watt. Ansonsten 3x LG und 9x Osram, alles GU10. Sind im WZ als Deckenbeleuchtung verbaut und jeden Abend mehrere Stunden in Betrieb, seit Jahren.

  • Keine Ahnung, wo Osram fertigen lässt. Zumindest achten sie auf Qualität. Möglicherweise ist der Frühausfall bei Erstinbetriebnahme auch auf Kälte und damit verbundenes Kondenswasser zurückzuführen, denn es war Winter, ich hab das Paket geliefert bekommen und die Lampen sofort eingesetzt. Eine hat's nicht überlebt.

    Hab die defekte Birne ersetzt/gutgeschrieben bekommen. Alles gut ;)

  • Ein Ausfall bei Erstinbetriebnahme kann verschiedene Gründe haben (u.a. Produktionsfehler, Transportschaden etc.) und ist extrem selten, kann aber schon mal passieren - unabhängig vom Hersteller und Gerät.

    So ein Ausfall hat aber absolut nichts mit der Beurteilung der Lebensdauer zu tun.