Deine Skizze beschreibt den zweiten Teil, die Nichtlinearität und hilft bei der groben Abschätzung in welchem Zeitbereich Strom fließt und warum so eine Lampe den Stromfluß so verzerrt. Das ist schon mal ein guter Schritt zum Verständnis. Wobei der Strom bei der Knicksannung nicht direkt rechteckförmig auf 100% springt. Es gibt ja noch die Diodenkennlinie und die Dioden reagieren auf eine höhere Spannung auch mit einem höheren Strom. Allerdings nichtlinear.
Und Du skizzierst nicht die Spannung am Eingang. Denn zwischen Eingang und Dioden liegt noch der Gleichrichter und der Kondensator. Der Kondensator macht noch eine Phasenverschiebung zwischen Strom und Spannung
Spannungsspitze und Stromspitze sind dann zeitlich zueinander versetzt. Genauso die Nullpunkte.
Andererseits gibt Deine Skizze auch nicht Spannung und Strom direkt an den Dioden wider, denn diese wären bereits gleichgerichtet.
Für eine Phasenverschiebung brauchst Du übrigens die Nichtlinearität prinzipiell nicht, da reicht ein kapazitiver oder induktiver Widerstand in der Leitung.
Leuchtstofflampen mit KVG hatten diese Phasenverschiebung auch schon wegen der Drossel. Deshalb gab es bei größeren Beleuchtungsanlagen noch parallel geschaltete Kompensationskondensatoren.
Wie Du schon gefunden hast, werden Blindleistung und Wirkleistung in der komplexen Gausschen Zahlenebene gerechnet. Sie stehen orthogonal zueinander. Die Wirkleistung in Richtung der reelen Achse und die Blindleistung in Richtung der imaginären Achse.
Die Scheinleistung macht das rechwinklige Dreieck komplett, weshalb Wirkleistung^2 + Blindleistung^2 = Scheinleistung^2
Und wenn Du den ELV Energy Master hast: Der kann "alles": Wirkleistung in W, Scheinleistung in VA und Blindleistung in VAR. Und einen Powerfactor mißt der auch.
Und er zieht zur Berechnung nicht nur die 50Hz Grundfrequenz heran, sondern bei verzerrten Strömen bzw. Spannungen auch viele derer Oberschwingungen.
Das macht er aber wahrscheinlich nicht durch Fourieranalyse, sondern durch direkte Berechnung im Zeitbereich nach der Formel
P=1/T* Integral_über_eine_Periode_T (u(t)*i(t)) dt wie z.B bei http://de.wikipedia.org/wiki/Wirkleistung dargestellt.
Das Problem mit dem üerlasteten Neutralleiter hat man vorwiegend bei großen Lasten. Bei ein paar zig VA braucht man sich darüber keine Sorgen zu machen. Und man braucht auch keine nichtlinearen oberwellengenerierende Schaltnetzteile. Im Prinzip geht das auch mit einer ungünstigen Kombination aus Lasten mit deutlich verschiedener Phasenverschiebung.
Das Drehstromnetz funktioniert bei ohmschen Lasten "ausgeglichen". Bei perfekt symmetrischem Drehstrombetrieb fließt gar kein Strom im Nulleiter. Bei unsymmetrischen Betrieb maximal der Nennstrom. Wenn jetzt allerdings die Stromkurven der einzelnen Leiter gegeneinander phasenverschoben werden, dann kann im Neutralleiter der Strom deutlich erhöht werden.
Bei einer symmetrischen induktiven Last wie einem Motor passiert das aber nicht, denn da sind alle Ströme gleich phasenverschoben. Bei perfekter Symmmetrie fließt auch da wieder kein Strom mehr im Neutralleiter. Deshalb gibt es auch Drehstrommotoren, die nur über 3 Leiter angeschlossen werden.
Über viele Jahrzehnte konnte man mit hinreichender Genauigkeit mit sinusförmigen Größen rechnen. Das war bei den Phasenverschiebungen eh schon kompliziert genug. Jetzt kommen auch noch die Nichtlinearitäten dazu.
Dami das Stromnetz noch in Kontrolle und näherungsweise berechnebar bleibt, gibt es die Vorschrift, bei Verbrauchern ab 75W Strom und Spannung wieder in Phase zu bringen und möglichst auch den sinusförmigen Verauf herbei zu führen.